Die große Geldvernichtungsmaschinerie
Verfasst von Peter J. Dobrovka
Datum: 23. Juli 2005
 
Es heißt ja immer, Verlage bereichern sich auf Kosten ihrer Autoren, scheffeln das große Geld und geben dem, der das große Werk geschaffen hat, nur ein paar kümmerliche Prozente.
Nun, reich wird man als Autor in der Regel tatsächlich nicht, selbst wenn die Bücher gut laufen. Reich wird man nur, wenn sie extrem gut laufen. Aber es kann nicht jeder solche Wunder wie Harry Potter vollbringen, schon gar nicht geplanterweise.
Aber es ist schon so eine Sache. Bücher sind ja heutzutage nicht wirklich billig. So ein Taschenbuch für 8,95 Euro zum Beispiel, wenn sich das 10.000-mal verkauft, dann sind das ja sage und schreibe 89.500 Euro!
Doch der arme Autor, der kriegt ja nur 10% davon. Und 90% schluckt der Verlag! Ha, da haben wir sie wieder, die häßliche Fratze des Kapitalismus!

Doch leider ist dem nicht ganz so. Leider, weil ich als Verleger nichts gegen häßliche Fratzen habe, solange sie mein Bankkonto stopfen. Sehen wir uns mal die Realität an, ausgehend von einem Buch, das 8.95 kostet.
Erst mal gehen 7% an das Finanzamt. Märchensteuer. Da hilft kein Jammern und kein Klagen, es gibt nur zwei Dinge im Leben, die man MUSS, und das ist Sterben und Steuern zahlen. Bleiben also 8,36.
Diese 8,36 bekommen wir genau dann, wenn Sie ein Buch über unsere Online-Shop bestellen. Wir haben dann noch Kosten von ungefähr einem Euro für Verpackung und Versand, die wir Ihnen nicht berechnen, also verbleiben uns 7,36. (Sollten Sie nicht in Deutschland wohnen, sind die Versandkosten WESENTLICH höher, aber da unsere überwiegende Kundschaft aus dem wiedervereinigten Dingsbums stammt, lassen wir das mal außen vor.)
Wenn Sie unser Buch woanders kaufen, bekommen wir keine 7,36. Und das ist dummerweise der Regelfall.
Tja, wo kaufen die meisten Leute Bücher? In der Buchhandlung. Nun denn, wie sieht es denn da für uns aus?
Der Buchhändler gibt uns natürlich keine 8,36 für unser Buch, er will ja schließlich was verdienen. Was also gibt er uns?
Nun, üblich ist es, 65% zu geben, aber da wir nur ein kleiner viertklassiger Verlag sind, müssen wir froh sein, 60% zu bekommen. Bahnhofsbuchhandlungen schinden sowieso noch mehr Ermäßigung raus, fast bis zur Hälfte.
Im Durchschnitt gibt uns der Buchhändler für unser Buch 4.60 Euro.
Nun gibt es noch ein klitzekleines Problem: Wie haben wir ihm das Buch überhaupt angedreht? Hat er nur auf unseren Verlag gewartet, um bei uns was bestellen zu können? Haha, Pustekuschen! Wir haben ihm einen Verlagsvertreter schicken müssen, der ihm das Ding mühsam aufschwatzen mußte. Dafür will der Vertreter auch Knete sehen. Und zwar 8%. Schwupps, sind wir schon bei nur noch 4,22 Euro an Einnahmen.
Und irgendwie muß das Buch auch zum Buchhändler, also noch'n Euro weg. Wir sind bei 3,22.
Am Halbjahresende kommt natürlich der Autor und will seine 10%. Aber nicht von läppischen 3,22, denn der Buchhändler hat uns schließlich nachweislich 4,60 überwiesen! Also geben wir ihm seine 46 Cent und schauen ehrfürchtig auf unseren Umsatz: Wir haben an dem Buch, für das der Kunde 8,95 Euro im Laden bezahlt hat, 2,76 Euro bekommen.
Der Buchhandel wäre etwas lukrativer, wenn die Buchhändler größere Mengen bestellen würden, dann würden nämlich die Versandkosten pro Buch deutlich sinken. Leider tun sie das nicht, sie ordern immer nur homöopathische Mengen.

Tja, wo machen wir denn dann den Hauptumsatz?

Nun, den machen wir über die Barsortimenter. Genauer gesagt, über die Libri GmbH. Das ist so ein Buch-Zwischenhändler, der kauft von uns Bücher und verkauft sie an den Buchhändler weiter. Wozu das gut ist, wollen wir an dieser Stelle nicht behandeln, aber wichtig ist: Amazon.de kauft bei Libri. Die beiden Unternehmen stehen übrigens so nah beieinander, daß sie sich gegenseitig in die Fenster gucken können.
Auf jeden Fall, die meisten Eldur-Bücher werden über Amazon.de gekauft, Amazon kauft bei Libri, und Libri bei uns. Amazon zahlt 65% für die Bücher, aber es dürfte wohl klar sein, daß Libri sich was davon zurückbehält. Bei uns kommen davon nur sage und schreibe 47,5% an. Uff.
Bleiben wir also beim Beispielbuch, hier zahlt uns Libri 3.97 Euro. Die Verlagsvertreter wollen davon auch 5% haben (die näheren Gründe sind zu kompliziert, sie hier aufzuführen, und der Autor seine 10% sowieso). Wir sind bei 3.37 Euro angelangt. Versand? Ja, da war doch was. Und hier haben wir ENDLICH einmal etwas Positives zu berichten: Wenn Libri bestellt, dann ORDENTLICH! Meistens zwischen 20 und 120 Büchern auf einmal, so daß die Versandkosten so im Durchschnitt nur bei 25 Cent liegen. Halleluja! Uns sind 3.12 Euro geblieben!

Was nicht heißt, daß wir 3,12 Euro Gewinn gemacht haben. Denn wo haben wir das Buch eigentlich her? Der Autor hat uns kein fertiges Produkt angeliefert, er hat uns nur so eine komische Textdatei gegeben, dazu mußten wir ein Titelbild auftreiben, und wir mußten zur Druckerei, und die hat uns dann das Buch gedruckt und angeliefert. Summa Summarum haben wir für die Herstellung des papiernen Gebildes, was man in der Hand halten kann, 2,10 Euro ausgegeben.
Jawohl, liebe Leser, unser Gewinn liegt bei 1,02 Euro. Das hätten Sie nicht gedacht, was?
Okay, der Gewinn des Autors liegt dafür bei nur ca. 40 Cent, wir sind also immer noch böse Kapitalistenschweine, hehe.

Nun muß man allerdings noch fairerweise hinzufügen, daß wir dieses Geld nur dann verdient haben, wenn wir alle gedruckten Bücher verkaufen konnten.
Wenn wir 1000 Bücher gedruckt haben, haben wir erst mal 2100 Euro verbraten. Wir müssen also erst mal 673 Stück verkaufen, um die Investitionen wieder reinzukriegen!
Werbung? Vergiß es! Woher sollen wir noch ein Budget für Werbung nehmen? Okay, manchmal schalten wir hier und da eine winzigkleine Anzeige, denn irgendwie muß man ja auf sich aufmerksam machen, aber im großen und ganzen können wir uns Marketing, das Geld kostet, nicht leisten.

So funktioniert die große Geldvernichtungsmaschine. Wie man es auch dreht und wendet, es sind ungeheuer viele Leute an so einem verkauften Buch beteiligt, und keiner verdient einen nennenswerten Betrag daran. Sicher, den größten Posten haben der Buchhändler und die Druckerei abgegriffen, aber die wiederum haben auch ihre Ausgaben. Der Buchhändler muß Ladenmiete zahlen und die Druckerei hat Material- und Lohnkosten.

Was bleibt als Quintessenz?

Wenn Sie uns unterstützen wollen, dann kaufen Sie unsere Bücher bitte im Online-Shop. Dann müssen wir pro Titel nämlich nur 240 Stück verkaufen, um in die Gewinnzone zu kommen. Und auch der Autor hat mehr als das Doppelte davon.

Danke für die Aufmerksamkeit.
 
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