Tinnitus
Von Hel Fried

lieferbar
Taschenbuch (std), 238 Seiten
ISBN 978-3937419008

8.95 €

 
Beschreibung/Inhalt
Nach dem letzten großen Krieg bevölkern Nomaden und Bauern die Überreste einer strahlenverseuchten Welt. Hauptsorge ist das zunehmende Auftauchen von „Dämonen“ Menschen mit unheimlichen Kräften, die von einem geheimnisvollen Signal nach Westen gerufen werden, wo laut überliefertem Glauben der Teufel auf seine Erweckung wartet, um den Rest der Menschheit zu vernichten. Der telepathisch begabte Kramsky muss auf seiner Suche nach dem Ursprung des Signals feststellen, dass auch in dieser Legende ein wahrer Kern steckt.

Hel Fried verwebt in seinem zeitweise schonungslos brutalen Endzeitszenario Zukunftsvisionen mit einem Zerrbild unserer heutigen Gesellschaft, in der Ideale an Egoismus und Intoleranz zerschellen müssen.

Online-Rezensionen:

Amazon.de:
Was...?
Nachdem der Himmel erstrahlte
Tinnitus
Rezensionen lesen

fictionfantasy.de:
Romane, in denen diverse Charaktere in einer postnuklearen Welt herumwandern gab es schon viele. Jedoch gehört Hel Frieds Geschichte hier zur Oberklasse der Masse an postapokalyptischer Literatur.
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Buchkritik.at:
Hel Fried kann sich mit diesem Erstling durchaus zu der Oberliga der deutschsprachigen Science-Fiction-Autoren zählen. "Tinnitus" leidet an keinen augenfälligen Schwächen und zeichnet sich vor allem durch eine gut durchdache und erzählte Handlung aus.
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X-Zine:
Für den kleinen Eldur-Verlag ist Tinnitus ein Roman, mit dem er sich durchaus nicht hinter den großen der Branche verstecken muss.
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Literaturportal.org:
Hel Fried schafft es auf beeindruckende Art und Weise die Kapitel ineinander zu verweben, zwar schleichend, aber schon bald spürt man den bitteren Beigeschmack der über große Strecken sehr friedlich scheinenden Atmosphäre. Die Faszination und das Grauen legen sich dabei wie Fesseln um die Handgelenke des Lesers und verbieten es ihm nahezu das Buch aus der Hand zu legen. [...] Die Welt, in der wir uns befinden, gleicht mehr dem frühen – radioaktiv verseuchten - Mittelalter als der Zukunft. Dennoch werden gerade durch dieses „Wenige“, diesem Hauch von Vorzeit, die ganzen Schauplätze erstaunlich realistisch. Dadurch gewinnt auch das bekannte Szenario „Atomkrieg“ eine vollkommen andere Dimension; das ungewöhnlich schlichte Setting verleiht dem ganzen einen neuen, ansprechenden Flair.
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Media-Mania:
Mit seinem Roman „Tinnitus“ zeigt sich Hel Fried auch als Meister der Science-Fiction, denn er hat alle Register gezogen: Außerirdische, der Dritte Weltkrieg und Mutanten mit überragenden geistigen Fähigkeiten. Ich persönlich konnte das Buch gar nicht mehr weglegen, nachdem ich damit begonnen hatte, da es auf seine Art wirklich fesselnd geschrieben ist und sich immer neue Abgründe auftun, die den Menschen das Leben zur Hölle machen. Bei einer überschaubaren Länge von 238 Seiten ist es auch problemlos möglich, das Buch bequem in drei bis vier Stunden durchzulesen. Es lädt damit also gerade dazu ein, einen unfreundlichen Sonntag im warmen Bett zu verbringen und sich auf eine Reise in die Zukunft zu begeben.
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Leseprobe(n)
Sobald Thomas außer Hörweite war, begann er zu laufen. Seine geschwächten Glieder schmerzten, doch er zwang sich, nicht aufzugeben. Er musste schneller sein als der Dämon. Die Waffe... Die Waffe war seine letzte Chance.

Als er endlich die Felsen erreichte, hatte er jedes Zeitgefühl verloren. Er streifte die Kutte ab, die Signalpistole, die Wasserflasche. Alles, was ihn belastete, musste weg, er konnte es später holen. Laufen, nicht aufgeben. Das Gelände war uneben und steinig, und es führte bergauf. Er keuchte, doch er blieb nicht stehen. Sollte ein Dämon durchkommen, konnte es das Ende der Welt bedeuten. Er betete um Kraft, sein Ziel zu erreichen. Gleichzeitig fühlte er Schuld. Viel zu spät erflehte er Gottes Hilfe.

Endlich, nach einer scheinbaren Ewigkeit, begannen die Bäume sich zu lichten.

Der Waldrand. Thomas sah die Berge, der Pass war weiter nördlich. Die Waffe, wo genau war sie? Thomas versuchte, sich zu erinnern. Die Lichtung, der abgestorbene Baum... Weiterlaufen, nicht aufgeben... Er lief den Waldrand entlang, immer auf der Suche nach dem Versteck.

Da, endlich: Am Ende seiner Kräfte angekommen erreichte er den Baum. Tot und verwittert, ein Blitz hatte ihn gespalten. Thomas stolperte darauf zu. Keuchend schaufelte er mit seinen Händen Erde und Moos aus dem Spalt, bis er das Tuch fühlte: Da war sie, die Waffe.

Er zog das Bündel heraus. War er rechtzeitig gekommen? Von hier aus konnte man den Pass weit nach oben überblicken. Einer der Gründe, diesen Platz für das Versteck zu wählen.

Thomas' Augen suchten den Pass ab... leer. Der Dämon war noch im Wald, doch konnte er jeden Augenblick hier auftauchen. Hastig wickelte Thomas das Gewehr aus den öligen Lappen und untersuchte es. Kein Rost, es war unversehrt. Er dankte Gott, er würde siegen, dieser Dämon würde den Pass nie erreichen.

Schnell suchte er sich ein Versteck, er durfte nicht entdeckt werden, es würde einige Sekunden dauern, ihn sorgfältig ins Visier zu nehmen.

Er entschied sich für einen umgestürzten Baum am Rand der Lichtung. Ein morscher Ast ragte heraus, das würde ihm zusätzliche Deckung geben. Mit dieser Waffe konnte er auf große Distanz mit hoher Präzision eine Kugel abfeuern. Er wischte das Öl ab und reinigte das Fernglas, das auf der Waffe angebracht war.

Die Kugel würde genau den Punkt treffen, den das Kreuz im Fernglas markierte. Thomas hatte es zweimal ausprobiert. Er wünschte sich, er hätte mehr Gelegenheit zum Üben gehabt, doch er besaß nur wenige Patronen, und er konnte keine weiteren verschwenden.

Er zitterte, gezeichnet von den Entbehrungen und der Anstrengung. Der Schweiß rann ihm in die Augen. Er versuchte, auf einen der Bäume zu zielen, doch er konnte ihn nicht richtig erfassen. Wieder betete er zu Gott um Kraft. Er musste zur Ruhe kommen, er hatte vielleicht nur einen einzigen Schuss.

Meditation, doch die brauchte Zeit. Zeit, die er nicht hatte. Er suchte den Wald mit dem Fernglas ab. Wo war der Fremde? Sollte er nicht schon längst aufgetaucht sein? Thomas war todmüde. Lange würde er nicht mehr durchhalten können.

Da, ein weißer Schimmer zwischen den Bäumen! Er legte sich hinter dem Stamm auf die Lauer. Jetzt nur nichts übereilen; erst schießen, wenn er gewiss treffen würde.

Der Dämon kam näher, er schritt direkt auf die Lichtung zu. Hatte er sich verändert? Er wirkte... kräftiger. Mächtiger?

„Alles Einbildung.“ Thomas zitterte immer noch. Ruhe, zur Ruhe kommen. Mit geschlossenen Augen rezitierte er langsam einen Vers der Überlieferung: „Mit Gottes Hilfe tue ich Gottes Werk. Gott hilft demjenigen, der ihn um seine Hilfe bittet.“ Er öffnete die Augen wieder.

Der Dämon war am Rande der Lichtung stehen geblieben. Thomas zielte, versuchte die Stelle zu erfassen, an der das Herz saß. Verzweifelt versuchte er, sein Zittern zu unterdrücken.

Der Dämon starrte ihn an.

Konnte er ihn wirklich aus dieser Entfernung sehen? Die Augen des Dämons waren weit aufgerissen, das Gesicht verzerrt. Hass? Überraschung? „Nicht nachdenken.“ Thomas drückte ab. Die Kugel traf. Deutlich sah er das Loch im weißen Anzug. Mitten ins Herz. Getroffen stürzte der Dämon zu Boden und blieb regungslos liegen.

Sieg! Thomas hatte es geschafft. Ausruhen, Schlaf, endlich.

Nein, noch nicht. Er zog seinen Dolch. Langsam ging er auf die Leiche zu, schwankte, konnte sich nur mühsam auf den Beinen halten. Doch er musste Gewissheit haben.