INTRAG - Ein Kleinverlag überbläht sich
Verfasst von Peter J. Dobrovka
Datum: 19.09.2004
 
Seit den Sommermonaten verfolge ich eine Enthüllungsreportage von www.phantastik-news.de über den INTRAG-Verlag (http://www.intrag-publishing.com), die sich inzwischen zu einer Mischung aus Skandal, Seifenoper und unfreiwilliger Komik entwickelt hat.
Zusammenfassend liegt folgendes an: INTRAG ist ein Kleinverlag, der neben diversen Titeln, die vornehmlich das Thema Vampire im Focus haben, in letzter Zeit Anthologien herausgab, denen Ausschreibungen (Wettbewerbe) vorangegangen waren. Soweit ich überblicken kann, ein anständiger Verlag, was den Umgang mit seinen Autoren anging: Kein Druckkostenzuschuss, ordentliche Honorarabrechnungen.
Ein paar Dinge an diesem Verlag waren natürlich schon immer hochgradig verschroben (ja, noch verschrobener als wir, sieh an): So behaupteten sie, ein US-Verlag zu sein, und ließen ihre (ausschließlich deutschsprachigen) Bücher bei einem englischen Book-on-Demand-Unternehmen produzieren. Was englische ISBN-Nummern zur Folge hatte, so daß die Titel im Handel (z.B. bei amazon.de) nicht so ohne weiteres zu finden sind, selbst wenn man den Titel kennt.
Darüberhinaus wollten sie in Amerika einen Haufen Preise erhalten haben, und eine Autorin (Pseudonym Savah M Webber), welche beim Stöbern im Vatikan Beweise für die Existenz von Vampiren gefunden hatte, und offensichtlich die Verlagsleiterin war, ebenso. Sogar die UNO soll sie geehrt haben. Ziemlich offensichtlicher Blödsinn, alles, aber im Gegensatz zum ironischen Blödsinn, den zum Beispiel wir verzapfen, war das alles völlig ernst gemeint.
Die Reporter von phantastik-news.de haben sich nun die Mühe gemacht, das genau zu recherchieren, und erwartungsgemäß hat der Verlag all diese Preise nicht nur nicht bekommen, sie existieren zum größten Teil gar nicht. Überhaupt scheint trotz Adresse und Telefon die ganze Zentrale in den USA nicht zu existieren, das Foto des Firmengebäudes stammt von einer Immobilienmakler-Webseite.
Interessant ist nun die Reaktion des Verlages, als er mit diesen Erkenntnissen konfrontiert wurde: Man reagierte stinkig und drohte mit Klagen wegen Rufschädigung. Zugleich nahm man eilig einen großen Teil der Berichte über die eingeheimsten Preise von der Webseite und stellte die aktuellen Anthologieprojekte ein. Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt.
Wer will, kann über das Forum von www.phantastik.de in die aktuellen Entwicklungen reinschauen. Regelmäßig neue sensationelle Enthüllungen, die den Rahmen dieses Artikels sprengen würden. Drum ist er hier auch zu Ende.

Nachtrag vom 02.01.2005:
Auf der Webseite des Verlags ist nun zu lesen, daß Savah M. Webber plötzlich in ihrer Wohnung in Los Angeles verstorben ist. Na ja, gestorben ist wohl höchstens ein Pseudonym, doch was soll's. Unsere Wannabe-Amis wissen halt, wie man sich im Gespräch hält, hehe
In der Bücherliste des Verlages habe ich dafür ein neues angekündigtes Buch gefunden: "Das Biest aus der Vergangenheit". Autor: G. Arentzen. Na denn prost, das neue Jahr beginnt mit richtig interessanten Nachrichten.

Nachtrag vom 04.06.2005:
Man fragt sich zu Recht, wer schlecht lektorierte, häßliche Taschenbücher unbekannter Autoren, die man wegen englischer ISBN kaum bestellen kann, zu überdurchschnittlichen Preisen kaufen soll. Nun, laut Berichten ehemaliger Autoren waren sie selbst die Zielgruppe. Eine Anthologie mit einem Dutzend Autoren, und jeder Autor nimmt 5-10 Stück für den Eigenbedarf ab ... als Book on Demand kann sich so etwas rechnen.
 
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