Trash des Monats (Dezember 2005)

Wenn Sie wissen wollen, was genau es mit dem Trash des Monats auf sich hat, folgen Sie bitte diesem Link!

Und nun viel Spaß mit der Geschichte:

Die Unterwanderung

Ulf Klose war ein 24-jähriger Junge. Beruflich war er mit Ameisenzucht beschäftigt. Ameisenzüchter ist ein sehr anspruchsvolles Arbeitsfeld: Ulf unterhielt insgesamt elf Ameisenvölker. Jedes Volk bestand aus 20'000 Ameisen, somit war er zuständig für 220'000 Viecher. Dadurch fühlte er sich als Führungsperson, da er durchaus in einer leitenden Position war. Als Führungsträger nahm er auch soziale Aspekte gegenüber seinem Volk war und führte ein Invalidenversicherung ein. Er lebte noch bei seinen Eltern. Sein größter Ameisenabnehmer war Barry, der zugleich auch sein bester Freund war. Dieser benötigte die Ameisen als Futter für seine Ameisenbären, die er züchtete. An einem schönen Sommertag entschloss sich Ulf schnell zu Barry rüber zugehen. Am Zaun angekommen rief er: „Barry, ich bin’s, dein Ulf!“ Barry antwortete nicht. Aus Neugierde kletterte Ulf den Zaun hoch und guckte ins Ameisenbärengehege. „Oh Gott!“, schrie er. Was er im Gehege sah, erschrak in zutiefst und erschütterte ihn in seinem Innersten. Barrys Body lag auf dem Boden des Geheges. Die neun Ameisenbären drängelten sich um ihn herum und saugten mit ihrem Rüssel die Innereien von Barry aus. Plötzlich sah ein Ameisenbär, dass Ulf sie beobachte. Aufgebracht lief dieser in die Richtung von Ulf. „Oh Gott!“, schrie dieser erneut, „schnell weg hier!“

Ulf war sehr geprägt durch den Verlust seines Freundes, es schmerzte tief in ihm. Tragischweise verlor er nicht nur einen Freund – nein, er verlor auch sein wichtigster Debitore. Das äusserte sich in seiner Halbjahresrechnung: Es resultierte ein Verlust von –50'000 DM der ANT AG. „So kann es nicht weitergehen! Ich muss mir was überlegen, ansonsten geht noch alles den Bach runter!“, sagte er zu sich selbst. „Ulf, mit wem sprichst du?“, fragte seine Mutter, welche sich gerade neben dem Büro aufhielt. „Ach mit niemandem, ich habe gerade genossen.“ – „Ah, dann ist ja yut!“

An diesem Abend brannte das Licht in Ulfs Büro noch lange; er sass am Schreibtisch und tüftelte an einem neuen, erfolgbringenden Konzept. Morgens um sechs Uhr: „Ich habs!“, schrie Ulf. „Ulf, mit wem sprichst du?“, fragte seine Mutter, welche sich wieder ’zufälligerweise’ nebenan befand. „Spionierst du mir etwa nach?“ - „Ach nein, wo denkst du hin!“ Ulf hatte kürzlich ein Buch über Spionage gelesen und dachte nun ernsthaft, dass ihn seine eigene Mutter komplottete. „Na ja, ich werd sie später erledigen. Zuerst muss ich mein neues Konzept umsetzen.

Jetzt zu seinem Entwurf. Dafür hatte er eigens drei Skizzen erstellt. Auf der ersten Skizze war eine Ameise abgebildet. Auf der Zweiten war die Ameise gemeinsam mit einer Biene dargestellt und auf der dritten Skizze war eine Killerameisenbiene abgedruckt. Sein Plan war also, die Ameisen mit Bienen zu kreuzen. Aus dieser einmaligen Kreuzung würde eine Killerameisenbiene entstehen.

Er sperrte sich während Tagen im Keller ein und arbeitete an der Kreuzung für diese neue Spezies. Dummerweise hatte er in dieser Zeit überhaupt keinen sozialen Kontakt und seine Wahnvorstellung, dass gegen ihn eine Vorschwörung stattfand, wurde weiter genährt. Mit seiner neuen Waffe wollte er dann die ganze Menschheit verrotten lassen. Nacht und Tag arbeitete er, es war sehr niffig. Er frönte sich schon bald am Ziel. Nach 30 Tagen hatte das erste Ei der Kreuzung einen Sprung bekommen und die erste Killerameisenbiene schlüpfte aus. Ulf war zutiefst gerührt, eine kleine Träne rinnte seine dreckige Wange runter. Leider war die Spezies nicht überlebensfähig. Sein Junges verstarb und Ulf wurde noch verbitterter. Sein ehrgeiziges Projekt missglückte.

Stattdessen eröffnete er einen Streichelzoo für Kinder. Da er immer noch an den Aufstand gegen ihn glaubte, schubste er die Kinder in seine Ameisenvölker bis diese das Bewusstsein verlierten. Danach verfütterte er sie den Ameisenbären, welche er seit dem Tod von Barry pflegte. Später lockte er auch seine Mutter ins Gehege der Bären. Dadurch konnte er sich endlich vom Gedanke der Unterwanderung befreien und lebte glücklich mit seinen Ameisen weiter. Den Verlust seines Jungen konnte er jedoch niemals vergessen. Tragisch, aber so war’s passiert.

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© 2005 Oli Püdiger.
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