Trash des Monats (Januar 2006)

Wenn Sie wissen wollen, was genau es mit dem Trash des Monats auf sich hat, folgen Sie bitte diesem Link!

Und nun viel Spaß mit der Geschichte:

Durchschnittsmenschen sehen rot: Der Vertreter

Geinrich A. aus Y. war ein völlig durchschnittlicher Durchschnittsbürger. Er war so durchschnittlich, wie es eine lebende Person nur sein konnte. 1.75 groß, hatte eine Frau, die kochen konnte, einen Sohn, der sich ständig prügelte, fuhr einen Golf, lebte in einer Wohnung, ging regelmäßig in die Kirche, las Zeitung, trank Kaffee, trug immer einen grauen Anzug, war einwenig fettleibig, war Bayern-Fan, verdiente genug um sich seine Altersversorgung zu sichern und sich auch ab und an Mal eine Reise in den warmen Süden zu gönnen, aber natürlich nicht genug, um reich zu werden.
Er arbeitete, als Vertreter, für die SAUGER GmbH, einem Unternehmen, das wie der Name schon sagt, Staubsauger produzierte. Durschnittliche Qualität bei ensprechendem Preis. Trotz seiner Zuverlässigkeit und über zwanzig Jahren harter Arbeit, bekeidelte Herr A. keine führerende Position im Konzern. Er war nur ein Angestellter. Einer von vielen. Bis zu jenem Tag...

An der Bushaltestelle.
Geinrich A. aus Y. stand wieder einmal an der Bushaltestelle, um natürlich auf den Bus zu warten. Sein Auto hatte, wie es in den letzten Tagen immer wieder der Fall war, einen Defekt, den er in der nächsten Zeit zu beheben gedachte. So wartete er also, mit einer handvoll fremder Menschen. Er hasste es mit dem Bus zu fahren. Der Geruch, das Aufeinanderstehen, der Lärm, die Angst keinen Sitzplatz zu bekommen, all das war so unangenehm.
Doch heute war es irgendwie nicht so, denn als er nach rechts blickte, sah er eine junge Frau, die ihm optisch durchaus zusprach. Sie hatte langes blondes Haar, tiefe schwarze Augen, in die er sich verlor. Selbstverständlich wusste er, dass sie nur braun sein konnten, die Augen, doch von dieser Entfernung wirkten sie schwarz und geheimnisvoll. Weiche und zarte Gesichtszüge und makelose Haut hatte sie. Sie sah aus wie eine Elfe. Außerdem hatte sie große Titten und nen geilen Arsch.
Er spürte ein ihm sehr fremdes Kibbel in der Leistengegend. Er war in romantischer Stimmung. Ach, was soll’s er war einfach nur spitz. So spitz wie er es schon seit Jahren nicht mehr war, denn seine Frau hatte, wie es bei Durschnittsfrauen eben der Fall war, mit den Jahren, viel von ihrer Attraktivität eingebüßt und durch Hüftspeck ersetzt. Obwohl, das Kuscheln natülich besser wurde. Aber wer möchte denn ständig kuscheln?
Geinrich begutachtet die junge Dame also, von oben bis unten und verlor sich dabei in schändlichen Fantasien. Wenn ich doch nur jünger wäre, dachte er sich. Und attraktiver und reicher und größer und muskulöser und cooler. Einfach ganz anders. Ja tatsächlich, er war unzufrienden mit seinem Leben.

Plötzlich geschah etwas Unerwartetes. Die Frau drehte sich zu ihm hin und lächelte. Geinrich war völlig perplex und errötete. Schrecklich! Wie peinlich! Aber sie ging auf ihn zu. Mit langen geschmeidigen Schritten. Wie eine Katze. Und diese Eleganz. Dabei konnte er den Blick nicht von ihr abwenden. Oh Gott, was hatte sie vor.
Schließlich stand sie vor ihm und griff ihm sanft in den Schritt. Boah! Konkret! Dachte er sich, in seiner Geilheit, in der er verging. Erst nach einer Weile begriff er, dass ihm Speichel aus dem Mund lief, doch das schien die Dame gar nicht zu stören. Es war ein Traum. Völlig unvermittelt trat ein Mann aus dem Hintergrund und griff ihm ebenfalls in den Schritt. Das war alles andere als konkret. Und dann kam eine Oma angedackelt, die das gleiche tat. Dann ein Blinder, ein Greis, ein Penner, alle die auf den Bus warteten, hatten nun ihre Hände an seinem Geschlecht.
„Was ist hier nur los?“, fragte er sich. „Was wollen die! Mein Gott, so toll ist er doch auch nicht! Verdammt! Ich bin im falschen Film! Und wie sie lächeln! Alle!“
Er wurde panisch.
Dann schaute er wieder in das wunderschöne Gesicht der jungen Frau und begriff. Er kannte sie. Sie war ein Teil seiner Vergangenheit. Damals war er nämlich Mitglied er bekannten Killertruppe und sie und er waren ein Paar. Er wurde Schwanger und wollte seinem Kind ein Leben als Killer ersparen. So flüchtete er vor ihrem Jähzorn und wollte eine gewöhnliche Frau heiraten. Während der Hochzeitsvorbereitung hatte sie ihn gefunden und tötete alle Anwesenden. Sie war ein Monster! Sie hatte ihn getötet! Er war im Koma gewesen!
„Schwein!“, schrie er, doch ehe er begriffen hatte, dass er das nur aus einem Film geklaut hatte, schlug er ihr mit der flachen Hand wuchtig ins Gesicht, sodass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Niemand lächelte mehr. Zwar wusste er jetzt, dass das eben ein Fehler war, doch das hielt ihn nicht davon ab jedem anderen eine Faust ins Gesicht zu verpassen, denn er sah ROT.
„Huuuaaaargh“ brüllte er und die Anwesenden schleuderte er durch die Gegend und sie zerbersteten an den Hauswänden. Sie verdienten es, denn sie waren allesamt Orks! Widerliche Orks! Sie mussten streben! Bei Gondor!
Er zerriss sich das Hemd und legt nun seinen Körper frei. Als er an sich herunter sah, war er erstaunt über seinen Astralkörper! Aber das fand nur in seinem Kopf statt, denn in Wirklichkeit war er immer noch ein hässlicher und fetter Sack. So prüglte er auf die am Boden liegenden Orks ein. Wild fuhr er durch die Gegend und schlug und trat wirr umsich. Niemanden verschonte er.
Als er mit den gewöhnlichen Ork-Soldaten fertig war sah er einem würdigeren Gegner entgegen. Einem Orkschamanen, der einen Zauberstab in der Hand hielt. Dieser schleuderte ihm Feuerbälle entgegen, denen Geinrich selbstverständlich ohne Probleme mit seinem meisterhaften Kung-Fu auswich. Er hatte einen guten Meister gehabt, den dieser Ork auf dem Gewissen hatte. Er wollte Rache für Bruce Lee. Der Ork brabbelte was in seiner dunklen Sprache, aber er hörte gar nicht hin.
Natürlich geschah in der Realität etwas ganz anderes. Der Schamane war eine alte und freundliche Omi, die einen Gehstock in der Hand hatte. Und mit Feuerbällen schleuderte sie auch nicht, das war ein hudertpozentisches Produkt seiner Fantasie. Elegant wich er auch nicht aus. Vielmehr sprang er wie ein Idiot hin und her und schlug Purzelbäume und Räder, statt Salti und Flick-Flacks. Die alte Dame wunderte sich gehörig und versuche ihm gut zuzusprechen. Aber er verstand nur orkisches gebrabbel.
„Bitte nicht, junger Mann! Haben sie Gnade mit einer alten Frau!“, wimmerte sie, doch er kannte keine Gnade, denn er trat ihr mit einem flotten Drehkick in die Fresse. Und ihr Gebiss zerschellte in tausend Stücke. Blutüberströmt lag sie auf dem Boden, doch immer noch bei Bewusstsein. Sie war hart im Nehmen, wie alle Nachkriegskinder.
„Ich bin noch nicht mit dir fertig, du schändlicher Ork!“, schrie er ihr entgegen.
„Was ist ein Ork? Bitte hören Si….“, aber sie kam gar nicht dazu den Satz zu beenden. Er hatte sie bereits hoch über seinen Kopf gehoben – bereit sie in die Verdammnis zu werfen. So warf er sie mit aller Kraft zwanzig Meter über die Straße einem sorglosen, dümmlich pfeifenden Fahrradfahrer entgegen, der als sie auf ihn prallte, ohne zu zögern explodierte.
Als er sich befriedigt von seiner Tat umgedreht hatte, standen ihm neue Gegner im Weg. Zwei Ork, bzw. zwei kräftige Einwandererkerle, die sich, anders als die anderen, zu wehren wussten. Sie stürmten los. Geschickt wich er den Schlägen aus. In seiner Fantasie. Eigentlich bekam er ordentlich auf die Fresse. Sie brachen ihm die Nase und schlugen ihm die Zähne aus. Ein Schlag von links verbog seine Nase nach Rechts, ein Schlag von rechts bog sie wieder gerade. Kein wunder also, dass er sich der Illusion des sauberen Ausweichens hingab. Doch irgendwie errang er doch den Sieg, denn er kratzte und beißte und stach seinen Kontrahenten die Augen aus. Es war niemand mehr übrig, der ihm Paroli bieten konnte. Nur noch einen musste er vernichten, den Anfüherer, der verletzt auf dem Boden lag. Er rannte auf ihn zu und trat ihm mit all seiner Macht zwischen die Beine. Ein explodierender Schmerz durchzuckte den auf den am Boden liegenden Mann. Aber das war bei weitem noch nicht alles. Ganz und gar nicht. Er trat weiter. Jeder Tritt mit derselben Intensität. Ihn überraschte seine Konstanz. Er trat bis es den Ork schmerzte, dann bis es dort unten taub und schließlich zeugungsunfähig wurde. Langsam kam er zu sich und das orkische brabbeln wurde weniger. Das tat aber seiner Trittkraft keinen Abbruch. Nur sein Geist beruhigte sich nach und nach. Das orkische brabbeln wurde durch anderes ersetzt. Der Mann jammerte und sprach einen Dialekt, der ihn sehr wütend machte, denn der Mann konnte kein „s“ sprechen, sondern nur ein „sch“ an die jeweiligen Stellen setzten. Und obwohl er sich seines Fehlers immer mehr bewusst wurde, trat er weiter, weil er sich sagte:
„Wenn ich schon dabei bin, dann kann ich den ja noch weiter verprügeln.“
Nach einer Stunde hatte er sich ausgepowert. Der Verletzte hatte seine Geschlechtsumwandlung hinter sich.
Geinrich A. aus Y. war fertig mit seinem Wahn. Er drehte sich um und sah das Chaos, das er angerrichtet hatte und weinte.
Wer sollte jetzt nur aufräumen?
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